Leibniz-WissenschaftsCampus

Menü mobile menu

The role of intentions in children’s and adult’s causal ascriptions

Bild: Pixabay.com, Creative Commons CC0

Wie entscheiden wir, ob zwei aufgetretene Ereignisse (nennen wir sie „c“ und „e“) in einem kausalen Zusammenhang stehen? Sogenannte „physikalischen Prozesstheorien“ (z.B. Dowe, 2000) nehmen an, dass Kausalität durch die Übertragung von physikalischen Erhaltungsgrößen von Ursache auf Wirkung charakterisiert wird. Demnach erachten Menschen ein Zusammentreffen von „c“ und „e“ nur dann als kausal, wenn „c“ und „e“ durch einen physikalischen Prozess verbunden sind. Kontra-faktischen Abhängigkeitstheorien (z.B. Lewis, 1973) entsprechend ist hingegen die kontrafaktische Abhängigkeit zwischen Ursache und Wirkung entscheidend, d.h. „c“ wird als Ursache von „e“ betrachtet, wenn „e“ nicht ohne „c“ aufgetreten wäre.

Eine viel zitierte Arbeit von Lombrozo (2010) lieferte Hinweise darauf, dass Menschen "Kausal-Pluralisten" sein könnten, d.h. dass beide Aspekte eine Rolle bei der Beurteilung kausaler Zusammenhänge spielen. Allerdings fand Lombrozo auch heraus, dass beide Konzepte in unterschiedlichen Situationen als unterschiedlich wichtig erachtet werden. Dies zeigte sich vor allem, wenn Handlungen von Personen kausal beurteilt werden sollten. Handeln Akteure zielgerichtet, spielt kontrafaktische Abhängigkeit bei der Beurteilung des kausalen Zusammenhangs eine größere Rolle als eine physikalische Verbindung zwischen Handlung und Effekt. Handeln Akteure dagegen nicht zielgerichtet, scheint das physische Zusammenspiel von Ursache und Wirkung von größerer Bedeutung zu sein als kontrafaktische Abhängigkeit.

Um zwischen den beiden Gruppen von Theorien zu unterscheiden verwendete Lombrozo (2010) sogenannte "Doppelpräventionsszenarien", in denen zwar nur die gemeinsame Handlung mehrerer Akteure ein Ergebnis erzielen, aber nur die Handlungen eines Akteurs physikalisch mit dem Ergebnis zusammenhängen. In einem typischen Szenario geht es um die Interaktion von drei Protagonisten: Alice, Billy und Carol. Alice möchte Musik hören und beschließt daher, einen Ball auf den Anschaltknopf des Radios zu werfen. Billy will dagegen keine Musik hören und beschließt, den Stecker des Radios zu ziehen. Carol möchte wie Alice Musik hören, und tritt daher auf das Kabel des Radios, um zu verhindern, dass Billy den Stecker ziehen kann. Alices‘ Ball trifft den Knopf und die Musik beginnt zu spielen. Diese Aktion überträgt eindeutig den Schwung des Balls auf den Anschaltknopf. Bei Carols Handlung hingegen erfolgt keine derartige Übertragung einer Erhaltungs-größe; dennoch wäre das Ziel, Musik zu hören, nicht erreicht worden, hätte Carol Billy nicht daran gehindert das Radio auszustecken.

Ziel dieses Projektes war es herauszufinden, welche Kriterien Kinder als wichtig erachten wenn sie kausale Zusammenhänge beurteilen. Folgen Kinder, anders als Erwachsene, bedingungslos einem der beiden Kriterien, unabhängig davon, ob die Akteure absichtlich oder zufällig handeln? Sind sie eher „universelle Kausal-Pluralisten“, die beide Kriterien als gleichermaßen wichtig erachten? Oder werden sie wie Erwachsene davon beeinflusst, welche Intentionen Akteure verfolgen?

Um diese Fragen zu beantworten, haben wir das ursprüngliche Material überarbeitet und versucht, es für Kinder leicht verständlich zu machen. Während Lombrozo (2010) die verschiedenen Szenarien nur in kurzen Texten beschrieb, zeigten wir den Kindern dynamische Videoclips, bevor sie die Testfragen beantworteten. Zudem verwendeten wir unsere überarbeitete Methodik auch, um die ursprünglichen Ergebnisse mit Erwachsenen zu reproduzieren. Leider konnten wir den von Lombrozo beschriebenen Effekt jedoch weder bei Kindern noch bei Erwachsenen nachweisen. Beide Gruppen bewerteten beide Akteure (d.h. sowohl den Akteur, dessen Handlung durch einen physikalischen Prozess mit dem Effekt verbunden war, als auch den Akteur, von dem der Effekt nur kontrafaktisch abhing) gleichermaßen als kausal das Ergebnis. Unsere Replikationsversuche scheiterten auch nach umfangreicher Überarbeitung der Methodik. Es besteht deshalb die Vermutung, dass der von Lombrozo beschriebene Effekt nur auftritt, wenn die Versuchspersonen verbale Beschreibungen des Szenarios lesen, nicht aber, wenn sie "miterleben" wie sich die Ereignisse in Raum und Zeit abspielen. Zukünftige Studien könnten daher nur bei erwachsenen Versuchspersonen testen, ob die gleichen Szenarien unterschiedlich beurteilt werden, wenn sie nur beschrieben oder auch zu sehen sind.

Projektleiter

Nese Oktay-Gür +49 551 3992-83 Kontakt Profil

Simon Stephan +49 551 39-33762 Kontakt Profil